Vier Tage nach dem Besuch an der Lausitz gibt es ein zweites Treffen mit dem FC Energie Cottbus,
diesmal am Aachener Tivoli und - zugegebenermaßen durch einen kleinen Navigationsfehler - sogar im Fanblock der Rotweißen. Hier präsentiert sich ein fanatischer aber tendenziell eher freundlicher Haufen von Supportern jenseits von allen Ostklischees. Zum einen ist anzumerken, daß ich keine Anzeichen von
übermäßigem Rassismus wahrnehmen konnte, obwohl es Auslöser hätte geben können, spielen doch drei Schwarze auf Seiten der Öcher und haben sich zwei weitere als Energie-Supporter eingefunden. Überhaupt sind die Cottbusser auch schon äußerlich zum Großteil weit von 17 Jahr - gar kein Haar - Fan von Energie-Stereotypen entfernt. Spürbar ist übrigens eine starke Identifikation mit dem Osten, die sich an "Zonenmutanten auf Tour"-Saison-T-Shirts und "100 Jahre und kein Ende - 100 Jahre DDR"-Sprechchören erkennen läßt. Im Laufe des Spiel wird die Stimmung frustriert bis gereizt - angesichts von zwei gelbroten Karten gegen das eigene Team und einer späten 0:1-Niederlage durch einen Freistoß - wohl verständlich, aber nicht wirklich aggressiv.
Was soll man zu einem Spiel sagen, in dem die Fakten für sich sprechen? Mit elf gegen neun kommt der TSV über mehr als eine Halbzeit zu kaum nennenswerten Chancen, muß sich einmal auf die
Querlatte verlassen sowie einmal auf den Torwart, der gegen einen freien Gegner Kopf und Kragen riskieren muß. Schließlich bringt die späte Standardsituation doch noch die Entscheidung für
die Aachener, denen der Spielverlauf angesichts des neuen Kontakts zu Platz drei wohl das sein wird, was man landläufig mit völlig brause bezeichnet.
Der Tivoli ist sicherlich eine Arena mit Charakter, sonderliche Modernität wird ihr jedoch niemand zusprechen wollen. Zwei überdachte Tribünen - eine zum Stehen für die Asketen, eine zum Sitzen für
die Bequemen - sowie zwei nichtüberdachte Kurven, das Ganze in einer wohl ausgebaggerten Senke geben
dem Stadion einen sehr konservativen Touch, zu dem auch die Dachkonstruktion beiträgt, die nicht ohne Stützen auskommt. Wohl um die Zuschauer unter den Dächern nicht zu benachteiligen, gibt es in den Kurven Lautsprecher am Stiel, die zumindest den weiter unten stehenden Zuschauern effektvoll die Sicht auf einen größeren Teil des Geschehens auf dem Platz nehmen.
|