TSV Buchholz 08
vs.
FC St. Pauli 1:4

Als der Gewinner der Auslosung im Hamburger Verbandspokal darf sich sicherlich fühlen, wer die erste Mannschaft des FC St. Pauli beschert bekommt, verspricht dieses Los doch eine Zuschauerzahl, die jenseits von allem liegt, was man in diesem Wettbewerb sonst so erwarten dürfte. Trotz der lokalen Lostöpfe muß der Titelverteidiger - St. Pauli gewann den Wettbewerb im letzten Jahr und steht jetzt vor einem DFB-Pokalspiel gegen Energie Cottbus - vergleichsweise weit reisen, reicht der Bereich des südlichen Lostopfes doch bis nach Niedersachsen rein und mit dem TSV Buchholz 08 erhält der Club vom Millerntor einen der südlichsten Teilnehmer überhaupt, so daß eine 'Fernreise' von gut 50 Kilometern ansteht, die an der Schnittstelle von BAB 1 und BAB 261 endet, wo sich täglich Tausende aus Richtung Süden kommende Autofahrer entscheiden müssen, ob es westlich Richtung Elbtunnel oder östlich Richtung Elbbrücken gehen soll. Für den FC St. Pauli dagegen lautet das Ziel Erreichen der zweiten Pokalrunde und obwohl bei den Hamburgern von einem schweren Gegner gesprochen wird, dürften sie wohl selbst kaum daran zweifeln, daß es der immerhin drei Klassen tiefer kickende Landesligist sein wird, für den am heutigen Tag das Ende des Wettbewerbs kommen wird, zumal die Regionalliga deutlich vor der Landesliga den Spielbetrieb aufnimmt, so daß man auch noch einen Trainingsvorsprung haben dürfte.

Um ein Haar hätte der FC St. Pauli mit dem Pokalphrasenschwein geflirtet und sich die eigenen Regeln, die so ein Wettbewerb hat, näher zu Gemüte geführt, geraten die Braun-Weißen doch völlig überraschend mit 0:1 in Rückstand. Da man beim TSV Buchholz 08 wohl selbst ein wenig von dieser Führung überrascht ist, verfällt das Heimteam doch unmittelbar nach dem Treffer in eine Art Starre, die verhindert, daß der FC dem Schweinchen allzu tief in die Augen blicken muß, denn wenige Sekunden später führt der Gegenzug zu einem durchaus nett herausgespielten Treffer und auch das Remis hat nicht lange Bestand, da der Favorit per Foulelfmeter in Führung geht. Damit nimmt die Partie also doch ihren erwarteten Verlauf und zwei weitere Treffer sorgen dafür, daß man das Ergebnis am Ende noch ansatzweise als standesgemäß bezeichnen darf, wobei St. Pauli ein weiterer Treffer vom Schiedsrichter verweigert wird, dafür aber das letzte Tor vom gegnerischen Goalie quasi geschenkt bekommt, so daß sich das auch wieder ausgleicht. Der Torsteher scheint von seiner jungen Kollegin aus dem Vorspiel inspiriert worden zu sein, bei dem eine C-Jugend-Mädchenmannschaft von Buchholz 08 mit 1:10 unterliegt, wobei es wohl durchaus eine Rolle spielt, daß die Torhüterin offensichtlich mehr Bedenken hat, vom Ball getroffen zu werden als ein Gegentor zu kassieren - eine mutmaßliche Nachfolgerin von Silke Rottenberg im Tor der DFB-Elf dürfte man heute nicht gesehen haben...

Die Anlage des TSV Buchholz 08 ist mit den offiziell 1160 Zuschauern recht gut besucht und man hat den Eindruck, daß die Hausherren bei dieser Angabe etwas untertreiben. Die St.-Pauli-Fans siedeln sich im linken Bereich der Hauptseite an und machen da zunächst mit den aktuellen Gesängen Stimmung, um später völlig abzudrehen und ein Best-of-St-Pauli-Support der letzten 15 Jahre zu bieten, das völlig aus dem Zusammenhang gerissene Klassiker zutage fördert, von denen vor allem "Maslo raus!", "Es gibt nur ein Papa Heinz!" und "Hopp! Hopp! Hopp! Atomraketen stopp!" genannt sein soll. Insgesamt kann man den Support der Hamburger nur als genial-schwachsinnig bezeichnen und die zugehörige Audio-Live-CD soll unter den St.-Pauli-Supportern inzwischen auch schon kursieren. Da können die Hausherren natürlich nicht mithalten und so versuchen sie es dann auch gar nicht erst, dafür sind wohl ein paar Herrschaften erschienen, die den St. Pauli Fans etwas suspekt erscheinen und wohl der HSV-Fanszene zuzurechnen sind. Da entsteht zwischendurch mal etwas Unruhe, weil ein versuchter Transparent-Diebstahl durch diese Gruppe vermutet wird, der bleibt aber aus, sei es, weil er gar nicht geplant war, sei es, weil ein Teil der St. Pauli Fans seinen Standort in die Nähe der Transparente verlegt. Aus neutraler Sicht ist schwer zu sagen, ob hier Gefahr droht oder nicht, Fakt ist jedenfalls, daß letztendlich alles zumindest dem Augenschein nach ruhig bleibt und es so zu dem kommt, was man sich bei Buchholz 08 sicherlich von dem Tag versprochen hat, nämlich einem kleinen Fußballfest, bei dem die Umsätze an Speise (unter anderem Gyros-mit-allem) und Trank - für ausreichend Bier ist gesorgt - vermutlich so ziemlich alles hinter sich lassen, was es hier je gegeben hat.

Otto-Koch-Kampfbahn ist ein schöner Name und läßt Bilder von einer weitläufigen Anlage mit hohen Stehtraversen vor dem geistigen Auge entstehen, steht aber in Wirklichkeit für eine kompakte kleine Anlage, die über einen reinen Fußballplatz und eine Art Tribüne, ansonsten aber über keinerlei Ausbau verfügt, wenn man diesen Namen nicht für die Steck-Anzeigetafel auf der Gegenseite bemühen will, die - wie nur beim Vorspiel klar wird - beim Überschreiten der Torzahl neun an ihre Grenzen stößt. Die 'Tribüne' selbst besteht aus zwei Reihen von Plastiksitzen sowie auf beiden Seiten jeweils zwei daneben gestellten Holzbänken, was so etwa 100 Sitzgelegenheiten ergeben sollte. Wirklich glücklich sind die für Spiele wie heute freilich nicht positioniert, ist doch vor den Sitzplätzen reichlich Platz bis zum Zaun, der von stehenden Zuschauern eingenommen wird, was der Nutzung der Sitze nicht wirklich entgegen kommt - jedenfalls wenn man etwas vom Spiel sehen will. Immerhin sind die Sitzplätze ebenso wie der Bereich davor überacht, da ein Vordach an dem hinter ihnen liegenden gemauerten Gebäude mit dem Vereinsheim des TSV Buchholz - im Obergeschoß soll es auch noch eine Tanzabteilung geben - angebracht ist und gerade das sorgt natürlich dafür, daß trotz vereinzelter Proteste besonders die Stehplätze im Sichtbereich der sitzenden Zuschauer genutzt werden, kommt es doch immer mal wieder zu Regengüssen, die jedoch halbwegs im Rahmen bleiben, nachdem vor der Partie ein Unwetter niedergegangen ist, bei dem so mancher Besucher wohl schon mit einer Spielabsage gerechnet haben wird.