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80645 Zuschauer
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Beim Ballspielverein Borussia Dortmund ist man froh, daß die Winterpause kommmt, in der die zuletzt
verletzungsgeplagten Borussen ihre Wunden lecken und den einen oder anderen Spieler wiederherstellen
können. Immerhin hat man trotz der Probleme geschafft, in DFB-Pokal und Champions League zu überwintern,
und in der Bundesligatabelle steht man noch immer auf dem dritten Platz, auch wenn zuletzt nur ein
Sieg aus fünf Bundesligaspielen nicht gerade die Bilanz eines Spitzenteams darstellt. Heute will man
gegen den frechen Aufsteiger vom Hertha Berliner Sport-Club, der mit 25 Punkten aus 16 Spielen auf Platz sieben liegt
und mit der Qualifikation für die Europa League flirtet, irgendwie gewinnen, um auch in der Liga zu
einem versöhnlichen Abschluß der Hinrunde zu kommen und den dritten Platz gegen den punktgleichen
Verfolger Borussia VfL Mönchengladbach verteidigen, während Hertha mit einem Sieg im Westfalenstadion
möglicherweise auf einem Eurpoapokalplatz überwintern und dem BVB selbst bis auf vier Zähler
auf die Pelle rücken könnte.
Es geht gut los für die Gastgeber, denn das Spiel läuft gerade einmal sieben Minuten, als die Defensive der
Hauptstädter Marco Reus aus den Augen verliert, der auf Zuspiel von Sebastian Kehl auf der linken Seite
durchbricht und am Ende keine Probleme hat, den etwas zögerlich aus seinem Tor eilenden Marius Gersbeck
zu überwinden. Zunächst bleibt der BVB weiter am Drücker, aber nach und nach befreien sich die Berliner,
die in der 17. Minute nach einem Abwehrfehler der Borussen zu ihrer ersten großen Chance kommen, bei der
der Dortmunder Schlußmann Roman Weidenfeller retten kann. Machtlos ist Weidenfeller dagegen sechs Minuten
später, als Außenverteidiger Erik Durm einen Rückpaß in den Lauf von Herthas Sami Allagui spielt, der
seinerseits Adrian Ramos so bedient, daß der Kolumbianer nur noch einschieben braucht. Das gibt der Hertha
Selbstvetrauen, und unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff läßt sich Dortmunds Marian Sarr als letzter Mann
auf ein unnötiges Dribbling ein, bei dem er den Ball an Allagui verliert, der sich auch gegen Weidenfeller
durchsetzt und für die Berliner Halbzeitführung sorgt. Im zweiten Abschnitt versucht Borussia Dortmund,
den jetzt immer massiveren Berliner Abwehrriegel zu knacken, aber es ist bald zu merken, daß dem BVB
dazu heute die Mittel fehlen. Auch eine Nachspielzeit von vier Minuten, die sich durch eine weitere
Spielunterbrechung auf sieben Minuten zieht, bringt keine Dortmunder Chance - der gesamte zweite Abschnitt
hat überhaupt nur eine Dortmunder Möglichkeit gesehen, bei der der eingewechselte Julian Hofmann von
halbrechts in Gersbeck seinen Meister findet.
Viele positive Erinnerungen wird man wohl in Dortmund nicht überbehalten an eine Partie, die nicht
gerade wie erwartet läuft und nach den Spielverlusten gegen Bayern München und Bayer Leverkusen die
dritte Heimniederlage in Folge bringt. Zu den Pluspunkten gehört aber sicherlich das, was zum
Einlaufen der Mannschaften abläuft, denn die BVB-Fans auf der Südtribüne haben eine Choreographie
auf die Beine gestellt, um den Gründungsvätern des BVB die Ehre zu erweisen und so den 104.
Geburtstag ihres Clubs, der vorgestern ins Land ging, nachzufeiern. Zu sehen ist die erste Mannschaft
der Borussia in ihren längsgestreiften Trikots mit Querschärpe - in schwarz und weiß dargestellt, da man sicherlich nicht die damaligen blau-weißen Vereinsfarben verwenden wollte, auch wenn die Schärpe in Rot gewesen wäre - und darüber wacht der als Vereinsgründer
geltende Franz Jacobi, der nach einem Start als Kassierer von 1910 bis 1923 Vereinsvorsitzender und noch
bis in die 1960er Jahre in beratender Vorstandsfunktion aktiv war. Während der Partie gibt es den üblichen
akustischen Support, und auch in der zweiten Hälfte sind kaum Unmutsbekundungen zu hören, da wohl so
gut wie jedem im Stadion klar ist, daß die bemühte, aber uninspirierte Mannschaft eher Rückhalt braucht
als Arschtritte. Auf Hertha-Seite wird natürlich gefeiert, wobei man allerdings wenig optisches Material
dabei hat - da ist vermutlich von BVB-Seite das meiste verboten worden, nachdem es beim
letzten Auftritt der Berliner im Westfalenstadion
zu einer Pyroaktion mit blauem Rauch gekommen war.
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