Vier Tage in Westafrika - ein Reisebericht aus dem Senegal und Gambia

Vier Tage in Westafrika - ein Reisebericht aus dem Senegal und Gambia

Diary of some Groundhopping
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Teil 1

Îsle de Gorée

Ausgeschlafen und gestärkt soll jetzt der Trip zur Insel Gorée folgen. Die Fähre, die die kurze Strecke zwischen Dakar und der Insel überbrückt, Straße auf der Îsle de Groée fährt etwa jede Stunde und kostet für Ausländer 5000 XOF. Der niedrigere Preis für Einheimische von 1000 XOF wird manchmal kritisiert, aber man sollte da wohl die Kirche im Dorf lassen, schließlich dürfte fast jeder Europäer die nötigen 7,50 € in maximal einer Stunde verdient haben, während so der Durchschnittsverdiener im Sengal für seine 1000 XOF ein bis eineinhalb Tage arbeiten muß. Wie dem auch sei, kommt man nach kurzer Überfahrt in Gorée an und der Bamberger hat bereits auf der Fähre einen Einheimischen kennengelernt, der perfekt Deutsch spricht und den Reiseführer gibt, was man hinnimmt, obwohl natürlich klar ist, daß ein kleiner Obolus erwartet wird - was sich letztendlich auch lohnt. Auf der winzigen Insel mit den Maßen von ca 1 km x 200 Meter gibt es, da sie von strategischer Bedeutung war, diverse Forts, aber auch je eine Kirche und eine Moschee und sogar einen Fußballplatz - allerdings nur einen Bolzplatz. Autos oder auch nur Motorräder gibt es dagegen nicht, dafür gemütliche und enge Gäßchen sowie relaxte Atmosphäre. Für viele zwischenzeitliche Bewohner der Insel wird das wohl etwas anders ausgesehen haben, denn die Hauptbedeutung der Insel war der als Handelsstützpunkt und die wichtigste Ware, die von hier aus in die Welt verschifft wurde, waren Sklaven, die zuvor im sogenannten Maison des Esclaves 'gelagert' wurden und direkt von dort aus verschifft werden konnten.

Maison des Esclaves

Das Maison des Esclaves - also Sklavenhaus - stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde 1978 zusammen mit der gesamten Insel zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt. Von außen sieht es recht freundlich aus mit seinen rosa Mauern und dem großen Innenhof, aus dem gewundene Treppen in den ersten Stock führen, aber was hier geschehen ist, hatte mit Freundlichkeit wenig zu tun. Die gefangenen Menschen wurde für etwa drei Monate nach Geschlecht Maison des Esclaves - 'Lageraum' für erwachsene Männer und Alter getrennt in den 'Lagerräumen' - also im Klartext Kerkern - aufbewahrt, wobei Männer mit weniger als 60 Kilogramm zunänchst mal mit Bohnen auf Verkaufsgewicht gebracht wurden. Dann wurden sie auf dem Markt in der Mitte des Gebäudes feilgeboten und es ging direkt über eine Laderampe auf die 'voyage sans retour' - also Reise ohne Wiederkehr, die für die einen auf den Baumwollfeldern Amerikas endete, für einige wenige in Europa und für eine beträchtliche Zahl von Menschen auf dem Meeresgrund, denn bei einer plötzlichen Erkrankung auf der Reise ging es über Bord. Der Sklavenhandel war ein lukrativer Wirtschaftszweig, wobei das Einfangen der 'Ware' von afrikanischen Händlern und Häuptlingen durchgeführt wurde, die von europäischen Sklavenhändlern mit Alkohol, Waffen und billigen Gewerbeprodukten bezahlt wurden. Wie wenig Letztere die schwarzen Sklaven als Menschen ansahen, wird dadurch deutlich, daß die Sklaven mit einem Brandzeichen markiert wurden - um den Mehrfachverkauf durch die Einfänger zu verhindern. Diese Geschichte setzte sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts fort, bis zunächst England und später auch Frankreich den Sklavenhandel verbot. Weitere Quellen zur Isle de Gorée und dem Maison des Esclaves findet man z. B. hier und hier (englisch).

Aufbruch nach Banjul

Damit - oder besser gesagt mit der Fährüberfahrt zurück zum Festland, neben der Anlegestelle für das Schiff gibt es übrigens noch einen kleinen Bitte lächeln! (Kanone auf Goree) Badestrand, der fast nur von Kindern genutzt wird - ist das Besichtigungsprogramm im Senegal beendet, denn schließlich ruft das Fußballspiel gegen Burkina Faso, das nach holperigem Beginn mit deutlichem 5:1 vom Heimteam gewonnen wird. Auch der Abend wird nicht allzulange ausgedehnt, denn schließlich ist die Abreise für 5 Uhr morgens geplant und das klappt dann auch gut, zumal der Fahrer bereits vor dem Hotel wartet. Die Reise geht recht zügig voran, wobei es sowas wie eine Autobahn nur innerhalb von Dakar gibt - wenn man von einer Autobahn sprechen kann, denn die beiden Fahrspuren sind nur von einem kleinen Zwischenraum unterbrochen, über den man auch schon mal auf die 'Gegenfahrbahn' wechselt, wenn man dort abfahren will und neben Fahrzeugen sind hier auch schon mal Fußgänger oder Pferdefuhrwerke unterwegs. Außerhalb von Dakar gibt es dann eine über weite Strecken gut ausgbaute Schnellstraße, auf der es immer mal wieder mit 120 km/h vorwärts geht und man auch offensichtlich recht gut überholen kann. Auffällig ist allerdings die fast nicht vorhandene Beschilderung, die dazu geführt hätte, daß man ohne Fahrer wohl immer wieder hätte raten müssen, in welche Richtung denn jetzt abzubiegen sei...

Kaolack und Grenze

Das gute Vorankommen hat hinter der Gemeinde Kaolack ein Ende. Schon als der Fahrer hier zu einer Zigarettenpause stoppt, hat man den Eindruck einer Banjul - Einfahrt zum Fährhafen sehr armen Stadt und vielleicht ist das ja der Grund dafür, daß die von hier aus Richtung Grenze folgenden Straßen auf einer Strecke von vielleicht 50 Kilometern in extrem schlechtem Zustand sind. Jetzt heißt es immer wieder Schritttempo, Slalom fahren - mal auf der rechten, mal auf der linken Straßenseite und dann schon mal über die Schlammpiste daneben - und es ist auch mal eine Brücke zu sehen, in der ein paar Platten fehlen - dekoriert von einem durch die Lücke ragenden Baumstumpf. Irgendwann ist aber auch dieses Stück überstanden und es folgt bis zur Grenze eine abermals gut ausgebaute Strecke. Die Ausreisestempel sind schnell erhalten und so scheint es schnell über die Grenze zu gehen, doch an der Trennlinie zwischen Senegal und Gambia selbst wird man erst mal zurück zum Senegalesischen Zoll geschickt. Hier dauert es fast eine Stunde, bis der Fahrer endlich wieder aus dem Gebäude kommt - langsam wurde man bereits ungeduldig, zumal das Auto zeitweise von Nußverkäuferinnen und sonstigen Händlern geradezu umlagert wird, obwohl man nichts kaufen möchte.

Von der Grenze nach Barra


In Gambia ist man relativ schnell, nachdem der senegalesische Zoll überwunden ist. Man bekommt noch einen Zettel mit einem Stempel, für den 1000 XOF (also ca 1,50 €) berechnet werden, was durchaus einen offiziellen Eindruck macht, dann gibt es den gambischen Einreisestempel in die Reisepässe, die einer der Mitfahrer ins das Gebäude bringt und in denen die Einreise ohne Sichtprüfung ihrer Besitzer dokumentiert wird. Fähre Barra - Banjul Die etwa 15 Kilometer bis nach Barra sind wieder etwas holperig und zwischendurch wird man noch an zwei Polizeisperren angehalten, wo jeweils auffällt, daß noch 'ein Stempel' auf dem besagten Zettel fehlt, den man aber für jeweils 1000 XOF 'nachtragen' kann. Das macht keinen wirklich offiziellen Eindruck, angesichts der fortgeschrittenen Zeit und dem Wunsch, vor dem Spiel in Gambia noch eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden und der vergleichsweise geringen Aufwände zahlt man ohne große Diskussion. In Barra angekommen liegt die Fähre bereits im Hafen, man verabschiedet sich vom Fahrer, der etwas frustriert wirkt - anscheinend hat man ihm bei seiner Firma nicht gesagt, daß das Auto nicht mit nach Banjul soll - und eilt zur Fähre. Dort fragt man erst mal, ob man mit Dollar bezahlen könne, denn man hat immer noch keine Gambischen Dalasi und auch die Westafrikanischen Franc sind inzwischen ausgegangen, und was es kostet. Der Verkäufer sagt was von fünf und gibt einem zu verstehen, daß er keinen 20-$-Schein wechseln könne. Draußen gäbe es eine Wechselstube, aber angesichts der wartenden Fähre fühlt man sich unter Zeitdruck und kramt drei 5-$-Scheine hervor, für die man dann auch die gewünschen Fährtickets bekommt. Als man auf der Fähre Zeit hat, die Tickets genauer zu untersuchen, ist als Fahrpreis 5 Dalasi aufgedruckt - also ca 0,14 €, aber angesichts der Tatsache, daß man die Dollar-Scheine ja aufgedrängt hat, ist man selbst am übertriebenen Fahrpreis schuld und nimmt's mit Humor. Für den so beschenkten Ticketverkäufer ist der Gewinn sicherlich deutlich höher als unser Verlust... Sollte man übrigens wirklich mal eine Fähre verpassen, kann man als Alternative eine so genannte Piroge nehmen, eine Art Holzboot, das komplett angemietet werden kann, auf dem aber auch Einzelplätze verkauft werden, um die Strecke zwischen Barra und Banjul - in letzterem Fall wohl zum Teil etwas überladen - zurückzulegen.

Banjul


In Banjul angekommen soll wie gesagt erstmal eine Unterkunft klargemacht werden und nach kurzer Suche hat man das im Lonely Planet als "simple Banjul - Blick von der Fähre auf den Strand guesthouse above a busy shop" und "not glamorous but your best budget bet", also als billig, aber eher niedrige Kategorie, beschriebene Ferry Guesthouse gefunden. Das stimmt dann auch, denn die Räume sind etwas schmuddelig und aus der Dusche kommt kein Wasser, aber nach kurzer Diskussion einigen wir uns dann doch, aus Zeitgründen zuzuschlagen und erst mal zum Stadion zu fahren. Nach dem überraschenden 2:1-Erfolg von Gambia über Algerien geht es dann zunächst mal ins laut LP einzige Restaurant am Platz zum Abendessen - das sich sehen lassen kann - und schließlich zurück zum Gasthaus. Nach der Nacht dort gehen die Meinungen auseinander. Zwei Stimmen - die Almuts und meiner Wenigkeit - für "für eine Nacht ok, länger würde ich hier nicht bleiben wollen" und eine für "ein Dreckloch, in dem ich kein Auge zugetan habe".. Wie dem auch sei, man hat sich für 11 Uhr mit dem Fahrer verabredet und nimmt demzufolge eine Fähre kurz vor zehn, was noch etwas Wartezeit in Barra ergibt, in der man das Treiben auf der schlammigen Hauptstraße verfolgen kann, auf der man auch schon mal freilaufende Schweine oder einen Eselskarren mit nebenhertrottdendem Jungtier bestaunen kann.

Die Rückfahrt


Die Rückfahrt von Barra nach Dakar verläuft eher unspektakulär und auch der Wechsel der Straßenverhältnisse um Kaolack kann einen ja jetzt nicht mehr Barra - Blick aufs Fährterminal überraschen. Die Grenze ist diesesmal sogar wirklich völlig schmerzfrei und kann passiert werden, ohne wieder für irgendwelche Stempel bezahlen zu müssen. So stellt man sich darauf ein, recht frühzeitig in Dakar zu sein, bis es im etwa 70 Kilometer davon entfernten Mbour zu einem erfreulichen Zwischenfalls kommt, denn die Tribüne des örtlichen Stadions ist voll besetzt und Nachfrage ergibt, daß hier tatsächlich Fußball gespielt wird. Der Fahrer ist auch offensichtlich über einen eingeschobenen Spielbesuch erfreut und kommt mit ins Stadion, wo - wie sich später herausstellt - zwei Freundschaftsspiele zwischen unterklassigen Mannschaften stattfinden, was aber dennoch 3000 Leute ins Stadion lockt, die hier ihren Spaß haben - und dazu entschließen wir uns dann auch, obowhl Freundschaftsspiele eigentlich seit 2003 von groundhopping.de verbannt sind. Nach dem Spiel werden noch kurz die fetten Eidechsen beobachtet, die die Mauern der Stadionbegrenzung auf und ab huschen und dann geht es endlich zurück nach Dakar, wo man im Hotel Oceanic, dessen Hofrestaurant man zu schätzen gelernt hat, zu Abend ist und sich dann per Taxi zum Flughafen aufmacht.

Am Flughafen


Der Weg zum Flughafen erweist sich als streckenweise völlig verstopft und es kommt immer mal wieder minuntenlang zum Stillstand, aber Hat da jemand was gesagt? (Eidechse an der Mauer das Stadions in Barra) glücklicherweise hat man genug Zeit eingeplant, um rechtzeitig vor Ort zu sein. Das erweist sich als klug, denn auch am Flughafen gibt es weitere Verzögerungen, denn am Check-In-Terminal wird man nicht im Computer gefunden und erst mal ins TAP-Air-Büro geschickt. Der dortige Mann von TAP findet dann den Flug auch anhand der Namen und Flugnummern und druckt ein Papierticket aus, mit der es dann wieder zum Checkin geht, wo man sich natürlich wieder hinten anstellen muß, so daß man beim Passieren der Sicherheitskontrolle schon gar nicht mehr so viel Zeit bis zum geplanten Abflugzeitpunkt hat, allerdings, da noch einige Passagiere in spe hinter einem in der Schlange standen, mit einer größeren Verspätung rechnet. Die gibt es dann auch, aber etwa eine Stunde nach dem geplanten Start ist man dann doch wieder in der Luft und blickt auf vier Tage in Westafrika zurück, insgesamt eine nicht lange aber doch interessante Reise, die einen Bericht wie den vorliegenden rechtfertigen dürfte.

Info

Die Bilder in diesem Bericht sind aus Platzgründen nicht in den Absätzen zu finden, zu denen sie inhaltlich passen. Bei vielen Browsern sollte eine kleine Erklärung in einem Kasten angezeigt werden, wenn man mit dem Mauszeiger auf ein Bild geht, aber z. B. bei Firefox funktioniert das aus irgendeinem Grund nicht. Dann sollte es klappen, wenn man das Bild mit der rechten Maustaste anklickt und dann "Eigenschaften" oder ähnliches auswählt und den sogenannten "Alternativtext" beachtet.

Info

 

Goree - Denkmal zur Sklavenbefreiung

Goree - Kinder am Strand

Blick aus dem Leihwagen

Barra - freilaufendes Schwein

Temple of Literature-Komplex - Detail

Blick über die Insel Goree
Auch hier wird gekickt: Bolzplatz der Insel Goree

Der Leihwagen vorm Stadion in Mbour

Goree - Kinder am Strand


Teil 1


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